Samstag, 26. Oktober 2013

Thema mit Variationen

Leseprobe aus dem Buch von Reinhard Schmidt:
"Kein Kind auf Zeit". Das organisierte Unglück einer Pflegefamilie


Frau Rottmann (Fachkraft des Jugendamtes) übernahm die Aufgabe, Anna der Kindsmutter in die Arme zu treiben, damit diese ihre passive Rolle beibehalten konnte. Sie ging dabei mit viel Druck und Zwang für Anna vor. Ihr Ziel war, Anna auf ihre „richtige“ Mama zu fixieren und sie von den Pflegeeltern abzulösen.


Sie begann in den Umgängen ab Dezember, Frau Loose (leibliche Mutter) Anna gegenüber als Mama zu bezeichnen. Dies geschah fernab jeglicher Normalität. Schon bei der Ankunft sagte sie: „Jetzt schau mal, wo die Mama Karin ist.“ Hatte Anna eine Bitte an die Pflegeeltern sagte Frau Rottmann sofort: „Das macht die Mama Karin.“ Beim gemeinsamen Spiel spielte Frau Rottmann immer Frau Loose zu und bezog sie mit „Mama“ ein, während sie die Pflegeeltern auch namentlich ignorierte.


Die Bezeichnung steigerte sich auch durch die Befehle, die Anna gegeben wurden: „Geh zur Mama“, „Mach das mit der Mama“, „Die Mama Karin geht mit.“
Da über die Benennung der Kindsmutter keine Einigung bestand, bezeichnete Frau Klein (Fachkraft) sie als „Karinmama“, die Pflegeeltern als „Karin“ und Frau Rottmann mit „Mama“ bzw. „Mama Karin“. Es hatte zur Folge, dass Anna weiterhin „Frau Loose“ zu ihr sagte. Es gab eine Begebenheit bei der Anna ihre Mutter wieder einmal mit „Frau Loose“ bezeichnete und Frau Rottmann daraufhin erwiderte: „Jetzt sag halt endlich mal Mama zu ihr.“


Bezüglich des im Hilfeplan geforderten Wickelns startete man im Januar den ersten Versuch, dass Frau Loose Anna wickelte. Anna ließ dies beim ersten Mal unter der Bedingung zu, dass die Pflegemutter dabei wäre. Anna bestand bei einem weiteren Mal an diesem Tag darauf, dass Frau Schneider (Pflegemutter) sie wickelt.
Abends beim Windelwechseln ergab sich folgender Dialog:
Anna zu Frau Schneider: „Mama, Frau Loose sagt Stinker.“
Frau Schneider: „Karinmama hat dir die Windel gewechselt.“
Anna: „Nein Mama, du machen sollst.“
Beim folgenden Umgang holte Frau Klein (Fachkraft) mit Anna eine Windel bei den Pflegeeltern im Nebenraum, damit Frau Loose Anna ohne sie wickeln konnte. Nach diesem Versuch stellte das Amt dar, dass Anna es ohne Probleme zulassen würde, sich von Frau Loose wickeln zu lassen. Anna aber begann in der Folge zu verheimlichen, wenn sie eine volle Windel hatte. Sie umging damit in den Umgängen gewickelt zu werden, hatte jedoch regelmäßig einen wunden Po.


Bereits ab Oktober hatte Frau Loose am Ende des Umgangs einen Kuss von Anna eingefordert. Sie ging dann vor ihr auf die Knie, hielt sie an beiden Armen fest und sagte: „Ich bekomm noch was von dir.“ Teilweise drehte Anna den Kopf weg, was Frau Loose jedoch nicht akzeptierte. Sie beharrte stets auf ihrem Anliegen bis sie einen Kuss erhielt. Anna gab dann immer allen einen Kuss, auch Frau Rottmann und Frau Klein. Die Fachkräfte sahen hierin kein Problem.


Erst auf mehrmalige Bitte der Pflegeeltern, die Anna eigentlich dazu erzogen, dass sie niemand küssen muss, wenn sie nicht möchte, erklärten die Fachkräfte Frau Loose, dass sie dies nicht mehr machen solle. Sie begründeten es jedoch nicht pädagogisch, sondern argumentierten, dass die Pflegeeltern es nicht wünschten.




Ende der Leseprobe.

Die Fotos stammen nicht aus dem oben genannten Buch, sondern aus eigener Erfahrung.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Gleichgewicht


Seit Januar diesen Jahres lebt in unserer Pflegefamilie ein siebenjähriger Junge.
Zuvor hat er sieben Jahre lang mit seiner Mutter gelebt;
er hat außerdem eine enge Beziehung zu seinen Großeltern.

Mit der Mutter hat er in der Regel einmal pro Woche Kontakt,
mit den Großeltern alle zwei bis drei Wochen am Wochenende.

Die Situation ist offen.

Heute beim Abendbrot sagt das Kind zu mir: 
"Wenn ich wieder bei der Mama wohne, kommst du dann mit zu uns?" 



Das nennt man Bindung.

*


Donnerstag, 17. Oktober 2013

geritten



Die unschönen Anfeindungen und Äußerungen der Herkunftsfamilie, die diese mehrfach auf der Herzbaumseite in Facebook getan hat, widerlegen sich von selbst dem, der diesen Blog liest und dem sich dadurch und in Verbindung mit eigenen Erfahrungen ein eigenes Bild ergeben hat.

Wir, Edeltraud Trautnitz und Stefanie Rabenschlag, sahen und sehen als höchste Missachtung der Würde und der Rechte und tiefste Verletzung der Seele des Kindes, was einschleichend und Macht greifend bis zur unangekündigten Abholungaktion und dem Abbruch der Beziehungen zwischen dem Kind und seiner sozialen Familie in den Jahren 2011, 2012 und 2013 sich vollzogen hat. Wissentlich und unter Aufsicht der Behörden wurde hier ein Kind zum zweiten Mal in seinem Leben traumatisiert.

Am 5. Oktober 2012 - das war zwanzig Tage, bevor das Kind von uns weggebracht wurde - schreibt der aufnehmende Arzt im St. Annastiftkrankenhaus Ludwigshafen (Dort wurde eine kurze Untersuchung durchgeführt.) in seinem Bericht:

"Aufgrund der Bemühungen L.'s leiblicher Eltern, ihren Sohn zurück zu bekommen, war von Seiten der betreuenden Einrichtung (LuZIE - Ludwigshafender Zentrum für individuelle Erziehungshilfen) deren Präsenz bei Aufnahme und abschließender Befundbesprechung erwünscht. Bei Aufnahme zeigte sich L. bei Hinzukommen der leiblichen Eltern deutlich verängstigt und panisch. Er klammerte sich im Folgenden dauernd an seine Pflegemutter und ließ sich nicht mehr beruhigen. Daher wurde das Aufnahmegespräch vorzeitig beendet. Wir teilten dieses Verhalten und unsere Bedenken gegenüber einer erneuten Konfrontation der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes mit. Es wurde hierauf vereinbart, dass bei der Befundbesprechung auf L.'s Anwesenheit verzichtet wird."

Zwanzig Tage, bevor man das Kind von uns wegbrachte, reagierte er auf seine leiblichen Eltern so!
Vielleicht musste er deswegen noch zwei Monate lang in eine andere Pflegefamilie, damit er sich diese "Angst und Panik" endlich abgewöhnte, die ihm - so die Meinung des Jugendamtes - von uns, seiner sozialen Familie, eingeredet wurde.


Zwei Unterzeichner der Petition schreiben dieses:

"Schuldig an diesem Fall von schädlichem Umgang mit einem schutzbedürftigen Kind durch Eltern, Jugendamt und Pflegestelle ist vor allem das System, das dies zulässt. Diese Strukturen müssen auf den Prüfstand. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, endlich seine Arbeit zu tun, das ist schon lange ein Anliegen, das ich verfolge. Es ist wieder einer von viel zu vielen Fällen. Hier wurde konsequenzlos gegen alle fachlichen Erkenntnisse gehandelt. Um den Schaden zu begrenzen, denn verhindern kann man ihn nun nicht mehr, muss ein fachlich begleiteter Umgang des Kindes mit der Pflegefamilie ermöglicht werden. Ich hoffe auch, das die Herkunftsfamilie fachliche Hilfe in Anspruch nimmt." -


"Das Kindeswohl muss stets im Vordergrund aller Handlungen stehen. Als Mutter zweier Kinder (vier und sechs Jahre alt) kann ich ermessen, welches Entsetzen L. empfunden haben muss, als er ohne Vorwarnung und ohne vertraute Personen in eine neue Umgebung gebracht wurde. Dies kann kein sinnvolles Vorgehen eines Jugendamtes sein. Daher befürworte ich die Petition der sozialen Eltern und eine Überprüfung der Qualifikation der Jugendamtsmitarbeiter. L. wird für den Rest seines Lebens an diesem Vorgang zu tragen haben." -

*


Dienstag, 15. Oktober 2013

"Jens"

Nachdem am 8.12.2012 bereits ein erster Artikel über die unangekündigte Abholung des Kindes in unserer Tageszeitung DIE RHEINPALZ erschien (hier zu lesen: klick), wurde heute ein weiterer Bericht dazu veröffentlicht.


Pflegemütter weiter ohne Kontakt zu Jens

LAMBRECHT: Fall des ohne Ankündigung abgeholten Pflegekindes hat inzwischen auch dem Petitionsausschuss vorgelegen


Stefanie Rabenschlag und Edeltraud Trautnitz wollen weiter um ihr Pflegekind Jens (Name von der Redaktion geändert) kämpfen. Sie haben sich erneut an Dieter Burgard, den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz, gewandt. Ihr Ziel: Schutz und Erhalt der Bindungen zu ihrem Pflegekind.Das Kind lebt inzwischen bei seinen leiblichen Eltern in einer bayerischen Stadt. Und dem Bericht einer dortigen Sozialpädagogin entnehmen die Pflegemütter, dass „es ihm schlecht geht“. Zur Vorgeschichte: Das Kind war im Alter von acht Monaten „schwer krank“ und „sozial vernachlässigt“ (Trautnitz) von seinen Pflegeeltern in sonderpädagogische Pflege genommen worden. Im Oktober 2012 kamen Mitarbeiterinnen des Jugendamtes Rhein-Pfalz-Kreis und nahmen es ohne Ankündigung mit (wir haben am 8. Dezember 2012 berichtet). Grund: Es sollte wieder in seine Herkunftsfamilie zurückgeführt werden. Es kam dann auch zwei Monate später wieder zu den leiblichen Eltern. Die Familie ist inzwischen aus dem Rhein-Pfalz-Kreis nach Bayern gezogen.Stefanie Rabenschlag und Edeltraut Trautnitz haben von Anfang an alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um Jens zurückzubekommen. Ihre Petition an den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz, die Bindung zu dem Jungen, der seit dem Alter von acht Monaten vier Jahre in der Pflegefamilie war, zu erhalten, haben 607 Menschen unterzeichnet.


Der Bürgerbeauftragte Peter Schöpflin sah allerdings in seiner ersten Antwort keinen Grund, das Vorgehen der Kreisverwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises in dieser Angelegenheit zu beanstanden. Er berief sich auf einen Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts in Zweibrücken, das die Pflegeeltern in Lambrecht verpflichtet habe, die Rückführung des Kindes aktiv zu fördern und zu begleiten. Das Kind sei in einer anderen Bereitschaftspflegefamilie untergebracht worden, weil Rabenschlag und Trautnitz „anstrebten, dass das Kind in der Pflegefamilie verbleiben müsse“. Das Amtsgericht Neustadt hat am 18. Dezember den Antrag von Trautnitz und Rabenschlag abgelehnt, Jens wieder in die Pflegefamilie zu bringen und die Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie befürwortet.


Rabenschlag und Edeltraud Trautnitz stehen auf den Standpunkt, die richterlichen Beschlüsse seien „auf Stellungnahmen der Mitarbeiterinnen des Jugendamtes hin ergangen“, welche „nicht das Kind in seiner besonderen biographischen Situation im Auge hatten, sondern ihren Rückführungsplan“. Das Kind habe mit acht Monaten bereits mehrere Klinikaufenthalte hinter sich gehabt. In den Jahren 2009 und 2010 habe die zuständige Sozialarbeiterin gesundheitliche Fortschritte bescheinigt und eine Unterbringung auf Dauer in der Pflegefamilie befürwortet. Im Januar 2011 wurden andere Personen für den Fall Jens zuständig. Nun habe intensivierter Umgangskontakt auf dem Plan gestanden.


Seit der abrupten Abholaktion des Jugendamtes habe er „keinen Kontakt zu uns und seinem über vier Jahre gewohnten Leben“, beklagen die Pflegeeltern aus Lambrecht. Die Neustadter Rechtsanwältin Gabriele Zimmermann, die Rabenschlag und Trautnitz bei zwei Verfahren vor dem Amtsgericht Neustadt vertreten hat, hat dem Bürgerbeauftragten geschrieben, für sie sei erkennbar gewesen, dass Jens von Seiten des Kreisjugendamtes „auf jeden Fall rückgeführt werden sollte, ungeachtet seiner tiefen Bindungen an die faktische Familie (die Pflegeeltern, Anm. der Redaktion). Auf „das Seelenleben des Kindes sei zu keinem Zeitpunkt Rücksicht genommen worden“.


Rabenschlag und Trautnitz streben nun wenigstens einen Umgang zu ihrem ehemaligen Pflegekind an. Sie sorgen sich um dessen Zustand. Im Bericht des örtlichen Jugendamtes in Bayer sei zu entnehmen, dass Jens erhebliche Auffälligkeiten zeige. Er sei traumatisiert, gehemmt, finde keinen Kontakt zu anderen Kindern.


Eine Sozialpädagogin hat dies auch gegenüber dem Familiengericht am Amtsgericht in der bayerischen Stadt so geschildert. Das Kind habe „deutliche Defizite in der Entwicklung“. In diesem Bericht werden sowohl die Sicht der leiblichen Eltern als auch der Pflegemütter dargestellt. Die Eltern sagten, Jens habe erhebliche Auffälligkeiten gezeigt, als er in seine leibliche Familie zurückgekehrt sei. Sie sprechen sich gegen einen Kontakt von Jens mit den Pflegeeltern aus. Auch eine Stellungnahme des Jugendamtes Rhein-Pfalz-Kreis wird zitiert, nach der zu befürchten sei, Jens könne in eine Loyalitätskonflikt kommen, wenn er den von den Pflegemüttern gewünschten Umgang habe. Die Sozialpädagogin kommt selbst zu dem Ergebnis, das zwar „grundsätzlich ein Erhalt der Bindungen “ zu den Pflegeeltern zu befürworten sei. Sie sieht aber auch „belastende Faktoren“ durch einen solchen Kontakt und einen möglichen Loyalitätskonflikt für das Kind. Sie empfiehlt daher einen Umgang zwischen Jens und seinen Pflegemüttern „zum jetzigen Zeitpunkt nicht“.


Inzwischen hat der Fall dem Petitionsausschuss des Landtags von Rheinland-Pfalz vorgelegen. Der hat „Ihrem Anliegen nicht entsprochen“ teilte der Bürgerbeauftragte des Landes Ende September mit. Die Gründe seien die gleichen wie beim abschlägigen Bescheid Anfang dieses Jahres. Was Stefanie Rabenschlag nicht versteht: Sie habe sowohl dem Bürgerbeauftragten als auch dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses den Bericht des Jugendamtes in Jens’ neuer Heimat zugeschickt, der die schlechte Situation des Kindes beschrieben habe. Doch darauf wird in der Antwort des Bürgerbeauftragten keinerlei Bezug genommen. (ff)

 

Quelle: DIE RHEINPFALZ vom 15.10.2013


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Sonntag, 13. Oktober 2013

Rück - an - sicht




Wenn Sie bei Facebook die HerzBaumSeite mitlesen,
können Sie einen interessanten Austausch verfolgen:

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Und wenn Sie noch nicht wissen, worum es hier geht:
 
Das Kind kam mit 8 Monaten in die Pflegefamilie. Es war schwer lungenkrank und hospitalisiert wegen seiner siebenmonatigen Krankenhausaufenthalte, während derer es außerdem sozial vernachlässigt worden war. Das Jugendamt hatte das Kind in Obhut genommen und wollte, dass gerade diesem "verletzten" Kind kein weiterer Bindungsabbruch geschehen solle. Die Pflegefamilie wurde daher schon bald gefragt, ob der Junge in der Pflegefamilie bleiben könne, um ihm weiteren Schaden zu ersparen und eine positive Entwicklung in Gang zu setzen. - In den ersten beiden Jahren in der Pflegefamilie sah das Kind seinen leiblichen Vater gar nicht (Umgangsverbot), die leibliche Mutter nur unregelmäßig. - So bestand also während nahezu dreier Jahre seit der Geburt des Kindes keine Phase, in der das Kind hätte irgendeine Bindung zu den leiblichen Eltern eingehen können. - Umso intensiver verband es sich, als endlich eine Kontinuität in sein Leben eingetreten war, mit der Pflegefamilie, was ein ganz natürlicher Vorgang ist und dem seelischen Überleben des Kindes unabdingbar.

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Donnerstag, 10. Oktober 2013

Zwei Briefe:





Am 26.09.2013 schreibt der Bürgerbeauftragte:

Sehr geehrte Frau Rabenschlag,
inzwischen hat ihre Eingabe dem Petitionsausschuss des Landtags vorgelegen.
Dieser hat sich in seiner Sitzung vom 10.09.2013 eingehend damit befasst
und abschließend festgestellt,
dass Ihrem Anliegen nicht entsprochen werden kann .

Die Gründe dafür,
denen sich der Petitionsausschuss bei seiner Entscheidung angeschlossen hat,
habe ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 07.01. und 25.02.2013 mitgeteilt.
Hierauf möchte ich Bezug nehmen.

Auch der Petitionsausschuss sah nach der nochmaligen Überprüfung Ihrer Angelegenheit
keine Möglichkeit für eine einvernehmliche Lösung.

Bitte verstehen Sie, dass ich Ihnen keinen anderen Bescheid geben kann.
Auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten Ihres Einzelfalles
war eine Regelung in Ihrem Sinne nicht möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Burgard


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Das Kind schreibt:

Lieber Herr Burgard,
ich weiß gar nicht, wer du bist,
aber du hast was von mir geschrieben.
Weißt du, wer ich bin?

Liebe Frauen vom Jugendamt,
liebe Richter,
ich weiß gar nicht, wer ihr seid,
aber ihr habt was von mir geschrieben.
Wisst ihr, wer ich bin?

Ihr schreibt von einem Anliegen.
Wisst ihr, was mein Herzensanliegen ist?

Ihr schreibt von einer Angelegenheit.
Wisst ihr, wo ich anlegen will?

Ihr schreibt von Gesetzen.
Wisst ihr, wo ich sitzen will?

Ihr schreibt von Kindeswohl.
Wisst ihr, wo es mir am allerwohlsten auf der Welt war?

Ihr wollt die Bestimmer sein.
Hört ihr meine Stimme???





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Montag, 7. Oktober 2013

"...schicke meinen Drachen hoch..."



Kind, 
am Fenster zur Straße hängt jetzt dieser kleine Drache
und schickt dir ein Lied mit dem Wind.



Auf diesem Foto vom Juni 2009 bist du 15 Monate alt;
da hatte ich dir aus der Wolle, 
die jetzt den Drachenschwanz schmückt, einen Pullover gestrickt.
Sieben Monate davor, im November 2008, bist du zu uns gekommen.

*