Pressestimmen

SWR Landesschau aus Mainz vom 4.12.2012:

"Pflegemutter kämpft um Kind"


DIE RHEINPFALZ vom 8.12.2012:






Pflegefamilie will Vierjährigen zurück

Lambrecht: Zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamts des Rhein-Pfalz-Kreises kommen vorbei. Unangekündigt. Abrupt setzen sie den vierjährigen Jens* ins Auto. Dann düsen sie davon. So schildert Stefanie Rabenschlag die Szene, die sich auf der Straße abgespielt habe. „Das ist ein Krimi“, sagt sie. Als Pflegekind lebte der Junge vier Jahre lang bei ihr in Lambrecht – bis zu jenem Donnerstag Ende Oktober.


Von Jan Peter Kern


Der Junge sei am 25. Oktober ins Auto der Jugendamt-Mitarbeiterinnen gesetzt und geradezu „deportiert“ worden, berichtet Stefanie Rabenschlag. Seit 1999 kümmert sich die Sonderpädagogin mit ihrer Kollegin – der Erzieherin Edeltraud Trautnitz – in einer sonderpädagogischen Pflegestelle in Lambrecht vor allem um Kinder mit Behinderungen. „Wir hatten bereits über 20 Pflegekinder“, so Rabenschlag. Jens war eines davon. Wie die 50-Jährige berichtet, kam der Junge im Alter von acht Monaten nach Lambrecht. Das sei vor vier Jahren gewesen. Zuvor habe Jens sieben Monate im Krankenhaus verbracht. Lungenentzündung und Keuchhusten. „Er lag sogar vier Wochen im künstlichen Koma“, so Rabenschlag. Eine Maschine habe seine Lungenfunktion übernehmen müssen. In dieser Zeit, so die Sonderpädagogin, hätten sich seine leiblichen Eltern nicht um ihn gekümmert, sich in erster Linie telefonisch über den Zustand ihres Kindes erkundigt.


Kurz darauf sei die Mutter in ein Frauenhaus geflüchtet. Die meiste Zeit habe das Kind wieder im Krankenhaus gelegen. Die Mutter sei schließlich zu ihrem Mann zurückgekehrt. Daraufhin habe das Jugendamt alle Kinder aus der Großfamilie genommen. „Der Junge wurde in Obhut genommen durch das Jugendamt und kam zu uns in die Pflegefamilie“, erinnert sich Rabenschlag. Er sei hospitalisiert und körperlich krank gewesen. Das war 2008.


Rund drei Jahre später wollten die Eltern Jens wieder zurück. Vor einem Jahr beschloss das Amtsgericht Speyer, dass der Junge innerhalb von vier Wochen wieder in seine richtige Familie kommen solle. „Dagegen legten wir Beschwerde ein“, so Rabenschlag. So landete der Fall beim Oberlandesgericht Zweibrücken. Dieses entschied im Juli, dass Jens noch bis Ende Januar 2013 bei der Pflegefamilie bleiben dürfe. Nun wurde er aber früher geholt.


„Das Kind hat vier Jahre bei uns gelebt“, schildert Rabenschlag. „Wir sind der Meinung, dass es schädlich ist, es wieder in seine Herkunftsfamilie zu führen.“ Es sei nicht gut, eine vierjährige Bindung an Pflegefamilie, Nachbarn, Kindergarten und Freunde abzubrechen. „Das weiß doch jeder Psychologe!“ Jens sei kein Gast, kein Durchläufer. Er sei in Lambrecht verwurzelt.


An jenem Donnerstag wurde Jens von den beiden Mitarbeiterinnen des Jugendamts nach Ludwigshafen gebracht, in eine kinderärztliche Praxis. Ohne Abschied, ohne persönliche Sachen, ohne Medikamente, so die Pflegemutter. „Sie haben mir verwehrt, ihn hinzubringen oder mitzufahren.“ Sie sei sofort hinterhergefahren, habe mit der Ärztin gesprochen, die Jens kurz zuvor untersucht hatte. „Während des Gesprächs verließ eine Mitarbeiterin des Jugendamts mit dem Kind die Praxis.“ Seitdem habe sie den Vierjährigen nicht mehr gesehen.


„Ich stand unter Schock, habe eine Weile gebraucht, bis ich mein Auto gefunden habe.“ Danach sei alles ganz schnell gegangen: Kinderschutzbund kontaktiert, Anwältin informiert, beim Amtsgericht Neustadt einen Antrag auf sofortige Herausgabe des Jungen gestellt. „Unser Antrag wurde abgewiesen“, erklärt Rabenschlag im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Das Wohl des Kindes werde gefährdet, da die Pflegefamilie die Rückführung nicht unterstütze – so laute die Urteilsbegründung. „Jetzt stehen wir da – es ist ein Krimi!“


Laut der Urteilsbegründung des Amtsgerichts Neustadt, die der RHEINPFALZ vorliegt, befindet sich der Vierjährige zurzeit bei Bereitschaftspflegeeltern. Warum wurde Jens abrupt abgeholt? Ist es denn sinnvoll, ein Kind von heute auf morgen aus einer Pflegefamilie zu nehmen und – bevor es wieder zu seinen leiblichen Eltern kommt – als Übergang in eine andere Pflegefamilie zu stecken? Stimmt es, dass sich der Junge an jenem Donnerstag nicht von seiner Pflegefamilie verabschieden durfte? Diese „sehr konkreten Fragen“ der RHEINPFALZ könnten nicht beantwortet werden, gibt Thomas Hauck von der Verwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises zu bedenken, „da wir gegenüber den sorgeberechtigten Eltern an den Datenschutz gebunden sind und es sich zudem um ein laufendes nicht abgeschlossenes Verfahren handelt“.


Mitte des Monats wird sich das Amtsgericht Neustadt erneut mit Jens beschäftigen. Rabenschlag und Trautnitz verlangen nämlich, dass das Urteil des Oberlandesgerichts – die Verbleibensanordnung – über den 31. Januar hinaus verlängert wird. Daneben sammelt die Pflegefamilie im Internet unter www.herzbaum.blogspot.de virtuelle Unterschriften. Die Petition soll an den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz gesendet werden.


* Name von der Redaktion geändert



Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Mittelhaardter Rundschau
Ausgabe: Nr.286
Datum: Samstag, den 08. Dezember 2012
Seite: Nr.18
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QUelle: a.a.O

Dienstag, 15.10.2013
Seite 16

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Süddeutsche Zeitung Magazin 50/2015
"In fremden Händen"



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