Mittwoch, 31. Juli 2013

"Wenn alle Brünnlein fließen..."

Nachdem über den direkten schriftlichen Kontakt an das Jugendamt und die Herkunftseltern keine Möglichkeit geschaffen worden war, dass das Kind mit uns, seiner sozialen Familie, weiterhin Kontakt haben konnte, nachdem Päckchen, die wir ihm zu Ostern und zum Geburtstag im März schickten, ungeöffnet zurückkamen, beantragte unsere Anwältin im April beim Amtsgericht Speyer den Umgang.
Dadurch erfuhren wir, dass die Herkunftsfamilie mit dem Kind nach Bayern verzogen war.
Am 21. Mai 2013 stellte unsere Anwältin den Antrag auf Umgang daher beim jetzt zuständigen bayerischen Amtsgericht.
Am 17. Juni 2013 ging ein Schreiben des Anwaltes der Herkunftseltern bei unserer Anwältin ein.
Am 26. Juni 2013 schrieb unsere Anwältin eine weitere Stellungnahme an das bayerische Amtsgericht.
Am 30. Juli 2013 fragte sie beim Amtsgericht nach und erhielt die Auskunft, dass die Akte auf Wiedervorlage angemahnt sei für den 5.8.2013. Das Gericht habe bereits mehrfach beim Jugendamt Rhein-Pfalz-Kreis den Jugendamtsbericht angefordert. Man teilte dem Gericht lediglich mit, dass man mit der Erstellung der Berichte nicht nachkomme.

Was die Petition betrifft, sind wir noch auf dem Auskunftsstand vom 5. Juni 3013, wo es im Schreiben des Bürgerbeauftragten heißt:
"Ich werde daher Ihre Eingabe nunmehr gemäß den für mich geltenden Vorschriften dem Petitionsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur abschließenden Beratung und Entscheidung vorlegen. Über die Entscheidung des Ausschusses werde ich Sie unaufgefordert unterrichten."
Unsere letzte Stellungnahme zur Petition ist hier zu finden.







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Donnerstag, 25. Juli 2013

Abbruch


Heute vor neun Monaten,
am 25. Oktober 2012,
war auch ein Donnerstag.

Da wurdest du aus deinem Leben gerissen, Kind.
Du warst damals vier Jahre und sieben Monate alt
und hattest davon vier Jahre bei uns gelebt, Tag und Nacht, alle Tage, alle Nächte.

Du hast bei uns essen gelernt, Flasche trinken zunächst,
weil du in den Monaten davor in den Krankenhäusern per Nasensonde ernährt wurdest.
Du hast atmen gelernt mit deiner damals nur halb funktionsfähigen Lunge,
nach und nach konnten wir Sauerstofftank und Nasenbrille weglassen.

Du hast sitzen, krabbeln, laufen und sprechen gelernt.
Entgegen der ärztlichen Prognosen hast du gut aufgeholt,
was durch die Lungenschädigung und den Hospitalismus gehindert worden war.

Dein Leben stand schon einmal auf dem Spiel,
als deine Lunge fast nicht mehr arbeitete.
Du hast es dennoch geschafft!

Dann hat eine Maschinerie aus Behörden dein Leben 
ein weiteres Mal auf's Spiel gesetzt.

Schaffst du es diesmal auch?




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Mittwoch, 10. Juli 2013

Matchball

Es ist "so, dass Kinder nur eine gewisse Zeit auf ihre leiblichen Eltern warten können.
Denn es ist wissenschaftlich völlig unstrittig, dass Kinder in der sogenannten bindungsintensiven Phase Bindungen an erwachsene Bezugspersonen entwickeln.
Der Schwerpunkt dieser Bindungsphase wird allgemein zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 3. Lebensjahr gesehen.
Wenn die gleichen Bezugspersonen jeden Tag die kindlichen Bedürfnisse nach Nahrung, Liebe, Trost, Kuscheln, Sicherheit usw. erfüllen, entwickelt das Kind zunächst eine Beziehung zu diesem Menschen und später eine Bindung.
Psychologen nennen die Bindung auch das 'Urvertrauen'.
Hat ein Pflegekind also längere Zeit in der Pflegefamilie gelebt, dann entsteht irgendwann eine solch enge Bindung, die bedeutet, dass die Pflegeeltern die faktischen Eltern des Kindes geworden sind.
Es ist wissenschaftlich völlig unstrittig, dass ein Kind diese Bindung zu gleichbleibenden Bezugspersonen entwickelt und dass dies in keiner Weise eine Blutsverwandschaft voraussetzt.
Es ist für ein Kind existentiell wichtig, möglichst sichere Bindungen entwickeln zu können.
Störungen in der Bindungsentwicklung können massive schädliche Folgen für das ganze weitere Leben haben.

Die Dramatik für ein Pflegekind entsteht häufig gerade durch diese natürliche Entwicklung.
Die Pflegeeltern sind nach einer gewissen Pflegedauer zu den 'gefühlten Eltern' des Kindes geworden.
Im Vergleich zu leiblichen oder adoptierten Kindern fällt jedoch für das Kind die erlebte bzw. gefühlte Elternschaft (der Pflegeeltern) und die rechtliche Elternschaft (der leiblichen Eltern) auseinander.
Anders als leibliche oder adoptierte Kinder hat das Pflegekind oft nicht die notwendige Sicherheit, in seiner Pflegefamilie bleiben zu dürfen.
Oftmals konfrontieren leibliche Eltern das Pflegekind mit ihren Ansprüchen, stellen klar, dass sie die 'richtigen' Eltern seien und fordern die Herausgabe.

Weil inzwischen wissenschaftlich gesichert ist, dass der Abbruch einer einmal entstandenen Bindung des Kindes an seine Pflegefamilie dieses dauerhaft schädigen kann, hat der Gesetzgeber Pflegeeltern Rechte eingeräumt."


Steffen Siefert
Pflegekinder: Die rechtliche Sicht
in: paten - Die Fachzeitschrift rund ums Pflegekind und Adoptivkind, Ausgabe 2/2013
Hervorhebungen: SR




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Dienstag, 9. Juli 2013

Die Herzen beginnen...

Luca kam zu uns, als er acht Monate alt war.
Das war im November 2008.
Er hatte bis dahin sein Leben in vier verschiedenen Krankenhäusern verbracht, war noch sehr krank, und die Prognose war ungewiss.
Luca hat eine kontinuierlich positive Entwicklung genommen und mit großer Freude sein gesundendes Leben ergriffen.
Wir wollten, dass er in dieser ihn fördernden Kontinuität verbleiben kann, die getragen ist von der liebevollen Beziehung und Bindung zwischen Luca und uns.

Denn:
„Kinder lassen sich auf keine Experimente mehr ein. Ihre Lebensnarben haben sie geprägt. Man sollte sich deutlich machen, dass die meisten Erwachsenen in ihrem gesamten Leben niemals so viel Leid erfahren, wie es manches Kind bereits in seinen ersten Lebensmonaten oder -jahren erlebt hat! Gelingt es nicht, frühkindliche Traumata zu verarbeiten, ist ein normales Erwachsenenleben nicht möglich.“ (Vgl. Irmela Wiemann: Zusammenleben mit seelisch verletzten Kindern)

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Denn:
„Kinder mit Lebensgeschichten, die von körperlicher Überwältigung, seelischen Verletzungen und existenziellen Lebensängsten gezeichnet sind, haben ein Recht auf Schutz auch ihrer psychischen Nachholbedürfnisse. Sie sind in Umgangsstreitigkeiten durch ihre strukturell bedingte Unterlegenheit darauf angewiesen, dass ihr Wohlergehen und ihr Wille eine dem Umgangsrecht der leiblichen Eltern grundsätzlich übergeordnete Rolle spielt.“ (Vgl. auch Irmela Wiemann: Zusammenleben mit seelisch verletzten Kindern)

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Denn:
„Aber auch in den Jugendämtern sind nicht alle Fachkräfte ausreichend ausgebildet. Viele Fachkräfte wissen nicht, wie wichtig der Aufbau und der Erhalt der Bindungen für ein Kind sind. In letzter Zeit haben zum Beispiel viele neue Träger die Betreuung von Pflegeeltern und Bereitschaftspflegeeltern übernommen, deren Mitarbeitern es an grundlegendem Fachwissen zum Thema Pflegekinder fehlt. Immer wieder trifft man auf „Fachleute“, die abenteuerliche Vorstellungen zu Bindungen haben.“ (Claudia Marquardt, Fachanwältin Familienrecht, Köln)

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Denn:
Konzepte zur Realisierung der Rückkehroption haben sich stets am kindlichen Zeitbegriff zu orientieren.
Von Goldstein/Freud/Solnit sind dazu Maximalzeiten vorgeschlagen worden, nach deren Ablauf die Annahme unvernünftig wäre, dass die verbliebenen Bindungen eines Kindes an seine abwesenden Eltern wichtiger wären als jene Bindungen, die sich zwischen ihm und seinen langzeitigen Betreuungspersonen entwickelt haben und zwar:
12 Monate bei einem Kind, das zum Zeitpunkt der Unterbringung bis zu drei Jahre alt war ...

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Denn:
In einer Anmerkung zur Entscheidung des BGH vom 26.09.2007 - XII ZB 229/06 - nimmt Prof. Dr. Gisela Zenz Stellung zu der Erwartung, eine tragfähige Beziehung durch Umgangsausweitung aufzubauen, um einen Wechsel hierdurch zu ermöglichen, wie folgt:
"Diese Erwartungen widersprechen nicht nur allen Erkenntnissen der Bindungsforschung, sondern ignorieren auch die existentielle Bedeutung einer sicheren Bindung sowie die unstreitig dramatischen Konsequenzen ihrer Zerstörung, die als Risiken bis in Erwachsenenleben in Form von Störungen der Bindungsfähigkeit zu Partnern und eigenen Kindern nachweisbar ist. Ebenso unverständlich ist es, wenn die Angst eines Kindes vor dem Verlust seiner Familie schlicht für manipuliert und also auch umgekehrt manipulierbar erklärt wird (Zenz, FamRZ 2007, S. 2060 bis 2063).

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Denn:
Ebenso legen die Professoren Zenz und Schwaab im Gutachten zum 54. Deutschen Juristentag dar, "...dass Versuche von Rückgliederungen von Kindern als illusionäre, gefährliche und grausame Experimente bezeichnet werden müssen, die jeder wissenschaftlichen und praktischen Grundlage entbehren".






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Donnerstag, 4. Juli 2013

Guten Abend, gut' Nacht...


Lieber Luca,
ich schicke dir ganz viele Grüße aus Lambrecht.
Siehst du, im Vorgarten blüht der Lavendel;
tagsüber summen die Bienen darin,
und darunter wachsen überall Walderdbeeren, die du so magst.
Edeltraud hat mir kleine Schuhe gestrickt,
und Stefanie hat mich damit fotografiert,
als ich schon meinen Schlafanzug anhatte.
Jetzt schlafe ich schon längst
und laufe im Traum zu dir...

Deine Marie


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Marie ist zwei Jahre alt und lebt seit anderthalb Jahren bei uns.


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Dienstag, 2. Juli 2013

Das ist der Daumen...


Im Frühjahr 2012 besuchten wir einige Zeit eine logopädische Praxis.
Dort gab es auch ein Kopiergerät.
Am 25. April 2012 hatte die Logopädin die Idee,
dass L. und ich je eine Hand auf die Scheibe des Kopierers legen sollten,
so kam ein Bild unserer beiden Hände heraus.


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