Dienstag, 2. Juni 2015

Extrablatt



"Warum lassen Sie ihn nicht in dem Schonraum einer speziellen Förderanstalt?"

"Ein Schonraum ist doch der spezielle Blick auf Menschen mit Behinderung,
bei dem wir denken, wir müssten sie schützen,
weil sie besonders schutzbedürftig sind.
Wir aber wollen Henri für das Leben in der Gemeinschaft fit machen -
und nicht für das Leben in einer geschützten Gruppe,
Hand in Hand mit Betreuern und anderen Menschen mit Behinderung,
wo er in eine spezielle Arbeitsstätte gefahren wird
oder gemeinschaftlich ins Kino gehen muss.
Nein, er soll so weit wie möglich autonom leben.
Frei zu sein bedeutet auch, zu sagen:
Ich möchte heute Abend alleine mit dem Bus ins Kino fahren -
und nicht darauf zu warten,
bis eine Gruppe aus dem Behindertenwohnheim sich einen Film anschaut,
den ich mir selbst nicht ausgesucht habe.
Das ist nicht das Leben, das wir ihm wünschen.
Wir wollen, dass er darf, was er kann und was er selbst will."



Langenau, Lars: "Schule wie zu Zeiten der Feuerzangenbowle",
in: Süddeutsche Zeitung (2015), Nr. 123, S. 17/18






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