Donnerstag, 20. Dezember 2012

Acht Wochen

Heute ist es acht Wochen her, dass L. durch eine Mitarbeiterin des Jugendamtes Rhein-Pfalz-Kreis und eine Mitarbeiterin des Ludwigshafener Zentrums für individuelle Erziehungshilfen (LuZIE) auf offener Straße vor unserem Haus ohne Ankündigung oder Vorbereitung, ohne Erklärung und Verabschiedung weggebracht wurde.

Bis dahin hatte er vier Jahre in unserer Familie gelebt, geliebt und behütet in den innigen Bindungen zu uns, den Geschwistern, den Freunden und Nachbarn.




Wer nur ein wenig im Internet sucht, findet eine große Anzahl von fachlichen Darstellungen darüber, ob, wann und wie Rückführungen von Pflegekindern möglich sind.
Die Diplompsychologin Irmela Wiemann formuliert es so:

"Vorrang muss bei der Entscheidung einer Rückführung in erster Linie die seelisch soziale Zugehörigkeit eines Kindes haben...
Hat das Kind seine Herkunftsfamilie schon früh verlassen und ist es primäre Bindung in einer anderen Familie eingegangen, dann ist eine Rückführung nahezu ausgeschlossen...
Es können nur jene Kinder zurückgeführt werden, welche die Möglichkeit hatten, eine primäre Bindung zu ihren leiblichen Eltern oder einem Elternteil aufzubauen und wenn die Beziehung zu den Eltern durch Kontakte, Telefonate etc. bewahrt werden konnte...
Ist eine Beziehung zwischen Säugling oder Kleinkind und dem Elternteil über einen längeren Zeitraum abgebrochen, dann wäre eine Rückführung nahezu ein Neuanfang, ein zweiter tiefer Bruch im Leben...
Säuglinge dürften eigentlich nur für maximal ein halbes Jahr bei einer hohen Dichte von Kontakten fremduntergebracht werden. Können Eltern diese Bedingungen nicht einhalten, so müssen sie früh im Hinblick auf eine Langzeitunterbringung ihres Kindes beraten werden, um schwerwiegende seelische Verletzungen ihres Kindes zu vermeiden. Dies schließt nicht aus, dass die Eltern Eltern bleiben und Elternrechte innehaben, dass sie ihr Besuchsrecht wahrnehmen. Doch sie müssen durch Beratung ihres ASD schmerzlich lernen, ihrem Kind sein langfristiges Zuhause in der Pflegefamilie zuzubilligen...
Soll ein Kleinkind trotz des oben genannten Vorrangs des Schutzes früher Bindungen zurückgeführt werden, obwohl es keine feste Beziehung zu seinen Eltern aufbauen konnte, so müssen diese Eltern von den Fachleuten im Jugendamt so stark in ihre Verantwortung genommen werden, dass sie weiche Übergänge für ihr Kind gestalten. Sie sollten mehrere Wochen lang nahezu täglich in die Pflegefamilie kommen. Das Kind sollte dann ebenso oft von den Pflegeeltern in die Wohnung der Mutter oder/und des Vaters begleitet werden, allmählich öfter und länger dort gelassen werden, wieder zurückkehren. Jeder abrupte Verlust schadet dem Kind für sein ganzes Leben. Nur sehr sorgfältig geplante, langsame Übergänge und die Rückführung zu verständnisvollen Eltern, die begreifen, dass sie ihrem Kind einen existentiellen Schmerz zufügen, ist bei sehr kleinen Kindern vertretbar. 
Wenn ein (älteres) Kind zu seiner Familie zurückkehren soll, so benötigen alle Beteiligten, Pflegeeltern, Kind und Geschwister in der Pflegefamilie Hilfe, um mit dieser Trennung zurechtzukommen. Der Zeitpunkt sollte so gewählt werden, dass ein natürlicher Einschnitt, z.B. Schuljahresende gewählt wird. Alle Beteiligten sollen schon einige Monate vorher auf die Rückkehr des Kindes eingestellt sein. In der neuen Lebensphase bei den Eltern sollten Bindeglieder zur Pflegefamilie – wie zu nahen Verwandten – bewahrt werden. Abschiede schmerzen nicht so tief, wenn Kontakte durch Briefe, Telefonate und Besuche aufrechterhalten bleiben.
Leibliche Eltern bekommen nach einer Rückführung ein durch die Trennung verändertes, psychisch verwundetes Kind zurück. Das Zusammenleben kann nicht unkompliziert fortgesetzt werden, wo es aufhörte. Viele rückgeführte Kinder provozieren einen erneuten Beziehungsabbruch. Ihre Eltern, selbst meist früh seelisch verletzte Menschen, haben oft nicht die Ausdauer und sind schnell gekränkt, wenn das Wiederzusammenleben konfliktreich wird.
Leibliche Familien benötigen vor, während und nach der Rückführung ihres Kindes in ihre Familie intensive Begleitung und fachliche Hilfe, damit das neue Zusammenleben nicht wieder scheitert...
Eltern oder Elternteile in die Verantwortung zu nehmen und diesen alle Hilfen gemäß dem KJHG zukommen zu lassen, dass sie ihre Elternrolle wahrnehmen können, gehört zu den Interessen jedes Kindes. Doch wenn es frühe, feste Bindungen zu anderen Menschen eingegangen ist, so haben diese Vorrang vor dem verständlichen Wunsch mancher Eltern, wieder mit ihrem Kind zu leben. Nehmen wir den Schutz der frühkindlichen familiären Beziehungen ernst, so bedeutet dies für die meisten Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren in einer Pflegefamilie unterbringen mussten, dass sie ihr Kind nicht auf Wunsch zurückbekommen können. Dies muss ihnen zu Beginn der Maßnahme so auch gesagt werden."

Zitat von hier










Wer für unsere Petition online mitstimmen möchte, 
kann das hier tun:






1 Kommentar:

  1. Ich bin total schockiert. Euren Blog habe ich an die Pinnwand des Sterns gepostet und auf meiner eigenen Seite geteilt. Ich wünsche Euch erst mal ganz viel Öffentlichkeit. Vielleicht hilft es, wenn Druck von "außen" kommt.

    Für die bevorstehenden Weihnachtstage wünsche ich Euch viel Kraft, Hoffnung und Liebe. Und ich wünsche Euch, dass diese furchtbare Sache ein gutes Ende nehmen wird!

    Herzliche Grüße
    Anne

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